Ausführliche Geschichten, schicke Fotos: Das kostenlose Single-Portal „Im Gegenteil“ will künftig auch Hamburger vorstellen. Manche sind kein Singles, sondern nur seit Jahren allein...

Berlin. Angefangen hat es als Schnapsidee in einer Bar in Berlin-Neukölln. Anni (verheiratet) und Jule (Single) dachten darüber nach, wie es wäre, zusammen ein Projekt zu machen. Dann sinnierten sie über das leidige Single-Leben. Das Ergebnis: Seit vergangener Woche erscheint ihr Online-Magazin „Im Gegenteil“. Dafür besuchen die beiden jungen Berlinerinnen Männer und Frauen in ihren Wohnungen, machen einen Spaziergang im Viertel und schreiben persönliche Geschichten.

Vom Ton her erinnern die Porträts an die ehrlichen Kontaktanzeigen im Magazin „Neon“. Die Optik wirkt wie eine Kreuzung aus Mode- und Wohnblog. Über die Kreuzbergerin Luisa, 27, das „Wald- und Wiesenkind“, ist zu lesen, dass sie gerade ihr zweites Studium abschließt. „Irgendwas mit Medien.“ Wer es bis in ihre Wohnung schaffe, könne sich am Kühlschrank an einem ihrer „Top-3-Grundnahrungsmittel“ bedienen: „Wodka, Oliven und Quark. Völlig nachvollziehbar, diese Frau.“

Vollbartträger Max, 28, hat sich beim Skateboardfahren die Hand gebrochen: „Offener Bruch mit Knochensplittern. Sexier als jedes Tattoo.“ Jan, 32, steht auf Männer. Er liest viel, guckt die gängigen Ami-Serien, kocht hervorragend, liebt Fotografie und hat in seiner Lebensplanung auch Kinder vorgesehen. „Ein Mann mit vielen Facetten, dieser Jan. Toll!“ Die Hausbesuche von „Im Gegenteil“ dauern zwei bis drei Stunden. „Das Ganze wird garantiert schmerzfrei und ohne Schamgefühl ablaufen“, verspricht das Magazin. Künstlermanagerin Anni Kralisch-Pehlke, 30, führt die Interviews, Jule Müller, 31, sonst auch Autorin, fotografiert. „Wir haben schon immer gerne Leute verkuppelt“, sagt Anni. „Viele haben schon Dates ausgemacht“, erzählt Jule. Aber ob es wirklich klappt mit der Liebe, wissen die beiden nicht.

Die ersten Singles kamen aus dem Bekanntenkreis. Nach wenigen Tagen waren es 100 neue Zuschriften von Leuten, die mitmachen möchten, erzählen die beiden Freundinnen beim Interview in einem Neuköllner Café. Kein Wunder: Allein in der Altersgruppe der 25- bis 35-Jährigen zählt die deutsche Statistik 2,7 Millionen Menschen, die allein leben.

Die Angst vor dem Satz „Ich mag dich“ und die Leistungsgesellschaft machen die Partnersuche schwer, meint Anni. „Wenn man zehn Stunden am Tag arbeitet – wie viel Zeit hat man dann noch?“ Die Auswahl bei der Partnersuche im Internet, die oft Geld kostet, ist groß – wobei „Stiftung Warentest“ 2011 nur einen Anbieter „gut“ fand. Auch Jule hat sich im Netz umgesehen und es bald gelassen. Es war ihr unangenehm und zu stressig. Einer wollte wissen: „Stehst du auf Füße?“

„Im Gegenteil“ will es anders machen, weniger anonym, keine Massenware. Angaben zu Gewicht und Größe braucht es nicht. Die Kontaktaufnahme zwischen den Singles ist kostenlos und soll es bleiben. Geldverdienen will das Magazin trotzdem. Derzeit überlegen sich die Macherinnen Strategien. „Wir würden es gerne Vollzeit machen“, sagt Anni. Demnächst sollen Hamburger Singles porträtiert werden. „Es ist anscheinend riesiger Bedarf.“ Wer noch fehlt in der Galerie, ist Jule selbst. Sie sagt: „Es ist in Planung.“